Bruno Courrèges – Polizist, Gourmet, Sporttrainer und begehrtester Junggeselle von Saint-Denis – wird an den Tatort eines Mordes gerufen. Ein algerischer Einwanderer, dessen Kinder in der Ortschaft wohnen, ist tot aufgefunden worden. Das Opfer ist ein Kriegsveteran, Träger des Croix de Guerre, und weil das Verbrechen offenbar rassistische Hintergründe hat, werden auch nationale Polizeibehörden eingeschaltet, die Bruno von den Ermittlungen ausschließen wollen. Doch der nutzt seine Ortskenntnisse und Beziehungen, ermittelt auf eigene Faust und deckt die weit in der Vergangenheit wurzelnden Ursachen des Verbrechens auf.
Rezension
Kurz nach dem 8. Mai, an dem die Franzosen in Saint Denis dem Ende des zweiten Weltkriegs gedenken, wird ein Bewohner des Orts ermordet. Den Grund kann man sich kaum erklären, lebte der alte Hamid doch zum einen recht zurückgezogen und scheint keiner Fliege etwas zu Leide zu tun und zum anderen wurde ihm ein Hakenkreuz auf die Brust geritzt. Benoît „Bruno“ Courrèges von der police municipale bekommt den Fall schnell aus der Hand genommen, denn gegen die wahrscheinlich rassistischen Täter geht die Gendarmerie vor und zudem schaltet sich Paris mit einem ehrgeizigen jungen Staatsanwalt ein. Zwei Jugendliche geraten ins Fadenkreuz der Ermittler, man findet eine Verbindung zur rechtsextremen „Front National“ und für Paris scheint der Fall so gut wie geklärt.
Doch der mit den Gepflogenheiten im Ort bestens vertraute Bruno lässt sich nicht abschütteln. Einige Ortsansässige können Bruno etwas mehr erzählen und nicht zuletzt kommt ihm eine englische Einwohnerin mit ihrer Freundin auf sehr informative Weise zu Hilfe. Ein fehlendes Croix de guerre bei Hamid verrät Bruno, dass er einer anderen Spur folgen muss. Denn was wollen die beiden Jugendlichen nach einem Mord ausgerechnet mit solch einer Trophäe? Eine der beiden Engländerinnen hat Zugang zu alten Archiven und die Recherchen ergeben, dass die Hintergründe zum Verbrechen offensichtlich zur Zeit der Résistance entstanden.
Walker zeichnet das Bild einer Dorfidylle, in der die Verbrechen weit, weit weg scheinen. Saint Denis genießt ein Leben, in dem alle gegen EU-Lebensmittelkontrolleure zusammenhalten, selbst die Polizei Hinweise auf Alkoholkontrollen weitergibt und der Mann von der Polizei üblicherweise immer so pünktlich Feierabend hat, dass er der Jugend Rugby- und Tennisstunden geben kann. Doch von gestern ist Bruno keineswegs. Er hat im Leben genug gesehen und weiß allzu genau, dass zum Beispiel Drogen ins Périgord kommen können oder dass es vor Ort größere Übel geben kann als Käsediebstähle. Weil Walker seinen Bruno mit einer glaubwürdigen Vita ausstattet, ist Bruno authentisch und es ist kein Wunder, dass er das ruhige Saint Denis jeder anderen Polizeidienststelle vorzieht.
Mir gefällt am Buch die gute Mischung aus Kriminalfall und Geschichtsstunde. Es wird gut erklärt, was sich während des Vichy-Regimes in etwas abgespielt hat, ohne dass die Erklärungen ermüdend werden. Es steckt genau soviel drin, dass man den Schrecken versteht, die Tathintergründe nachvollziehen kann und trotzdem nicht oberbelehrt das Buch zuklappt.
Ganz große Klasse fand ich obendrein die wiederkehrenden Einsprengsel zum südfranzösischen Essen – vielleicht, weil ich es ohnehin mag. Bruno hat auf seinem Grundstück Trüffel, er kann sehr gut kochen und wird nicht zuletzt zu einem ausgezeichneten Diner eingeladen. Hungrig sollte man bei dieser Lektüre niemals sein, aber es wäre vielleicht ganz nützlich, sich Notizen für die eigene Küche zu machen.
Bibliografische Angaben
Verlag: Diogenes
ISBN: 978-3-257066999
Originaltitel: Bruno, Chief of police
Erstveröffentlichung: 2008
Deutsche Erstveröffentlichung: 2009
Übersetzung: Michael Windgassen
Die Serie chronologisch
- Bruno Chef de Police
- Grand Cru
- Schwarze Diamanten
- Delikatessen
- Femme fatale
- Reiner Wein
- Provokateure
- Eskapaden
- Grand Prix
- Revanche
- Menu surprise
- Connaisseur
- Französisches Roulette
- Tête-à-Tête