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Peter O’Donnell – Modesty Blaise / Die Goldfalle

Peter O’Donnell – Modesty Blaise / Die Goldfalle

Peter O'Donnell - Modesty Blaise. Die Goldfalle

Modesty Blaise ist jung zu Geld gekommen – als Kopf der Verbrecherorganisation „Das Netz“. Ebenso jung hat sie sich aus der Unterwelt zurückgezogen und hat sich in einem Londoner Penthouse niedergelassen. Dass sie und ihr Weggefährte Willie Garvin trainiert bleiben, zahlt sich allerdings aus.

„Sie haben mir gesagt, Sie würden sich nicht mit Brunel anlegen, aber genau das tun Sie jetzt.“
„Das ist nicht fair“, entgegnete Modesty. „Wir haben uns nicht mit ihm angelegt, wir wurden einfach in die Sache hineingezogen.“

Fällt so ein Satz fällt im Hause Blaise öfter? Na, warum soll es ihr auch anders gehen als vielen anderen Protagonisten, die nicht offziell als Ermittler unterwegs sind? Man muss ihr zugestehen: Sie hat Recht. Nur durch Zufall musste sie genau dort notlanden, wo der Russe Nowikow, ein Experte für Satellitenfotografie, kurz zuvor halb tot im Busch in Tansania gefunden wurde.

Der ansässige Arzt Dr. Giles Pennyfeather, der Nowikow nicht mehr helfen konnte, wird kurz darauf von zwei Schlägern in die Mangel genommen. Sie glauben, dass der Russe dem Arzt vor seinem Tod noch just das Geheimnis anvertraut hatte, hinter dem sie selber vergebens her waren. Modesty Blaise kann Pennyfeather retten, schafft sich damit aber auch zwei Todfeinde.

Zurück in England begegnet sie den zwei Prügelprofis schneller als ihr lieb ist: Die beiden gehören zu dem gefühlskalten Verbrecherkönig Brunel, der Blaises guten Bekannten Sir Gerald Tarrant vom Foreign Office erpresst. Blaise und Garvin versuchen Tarrant zu retten und werden dabei selbst zur Zielscheibe. Denn wer Pennyfeather geholfen hat, weiß vielleicht selbst etwas über Nowikows Geheimnis.

Besser als Bond, cleverer als Croft

Ab jetzt heißt es „im Lesesessel anschnallen“. Mischen sich Modesty Blaise und Wilie Garvin irgendwo ein, ist Tempo angesagt. Die beiden wirbeln ohne Pause durch die Geschichte. Sie sind selbstverständlich bestens trainiert – Kampfsport, Messerwerfen und sogar Ballett beherrschen die beiden aus dem Effeff. Sie haben tadellose Reflexe, eine uferlose Phantasie für kreative Rettungspläne und ausreichend Geldmittel, um sich eine perfekte Ausrüstung an verschiedenen Orten der Welt leisten zu können.

Modesty Blaise würde James Bond in die Tasche stecken und Lara Croft von der Klippe schubsen. Das muss so sein, denn Blaise legt sich nicht mit kleinen Ganoven an. Brunel ist ein ungewöhnlich gut vernetzter Krimineller, der von Ruanda aus skrupellos und mit großen finanziellen Mitteln seine Aktivitäten regelt.

Dementsprechend aufgeladen passt sich die Handlung an ihre Helden an. Die Rettungsaktion für Tarrant legt den Grundstein, an dem sich alles andere wird messen müssen. Auf demselben hohen Niveau geraten die beiden in Brunels Fänge und müssen fortan um ihr Leben kämpfen. Sofern sie herausfinden, was Brunel genau vorhat. Denn ohne Motiv und Ziel fällt es Modesty Blaise schwer, ihren Gegener einzuschätzen und seine Manöver zu erahnen. Dabei darf sie Brunels Helfershelfer nicht unterschätzen, denn es ist auch klar, dass sie extrem ungern auf Brunels Befehle hören. In ihren Augen geht er viel zu harmlos mit Modesty Blaise um.

Actionreiche Abenteuerwelt

Mit unglaubwürdigen Plots gibt es im Krimibereich viele Probleme. Irgendwo übertreiben Autorinnen und Autoren dem Thrill zuliebe gerne und verlieren (jedenfalls bei mir), weil sie das Entwederoder nicht in den Griff kriegen. Dreht man allerdings so großartig auf wie Peter O’Donnell und das noch dazu, ohne je in Satire zu kippen, übertritt man die Grenze und wird zum Actionhelden.

Akzeptiert man das Komplettpaket, wie auch bei James Bond, läuft der Roman wie am Schnürchen. Das Kopfschütteln hört sofort auf, wenn man liest, was O’Donnell aus einer komischen anmutenden Idee macht. Wie den Kampf im Gorillakäfig zum Beispiel. Oder der fast aussichtslosen Beschaffung geheimer Papiere. Oder der Fluchtversuch in Ruanda. Oder der Kampf mit dem Quarterstaff in einem wespenverseuchten Tal. Da habe ich es richtig genossen, dass eine mittelalterliche Waffe so zu Ehren kommt.

Modesty Blaise ist eine wunderbare Alleskönnerin mit eigenem Ehrenkodex. Ihre Vergangenheit wird nicht sonderlich erklärt: Was sie kann, kann sie; was sie ist, ist sie. Es ist erfrischend, wenn nicht alles Vergangene aufbereitet wird und große Rückblenden würden die Story ohnehin unnütz ausbremsen. Da hat O’Donnell alles richtig gemacht. Modesty Blaises Abenteuer sind Actionfilme auf Papier.

Bibliografische Angaben

Verlag: Unionsverlag
ISBN: 978-3-29320-349-5
Originaltitel: The impossible virgin
Erstveröffentlichung: 1971
Deutsche Erstveröffentlichung: 1973
Übersetzung: Rudolf Hermstein

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