Noyuri ist dreiunddreißig und seit sieben Jahren ziemlich eintönig mit Takuya verheiratet. Wie so viele Frauen hat sie nach der Heirat pflichtbewusst gekündigt und widmet sich dem Haushalt, während Takuya viel arbeitet. Eines Tages kommt heraus, dass ihr Mann eine Affäre mit einer Kollegin angefangen hat und diese Kollegin teilt Noyuri unverblümt mit, wie sie sich die künftigen Möglichkeiten vorstellt. Doch so abgebrüht wie jene Satori ist Noyuri nicht. Die Neuigkeit sorgt zunächst einmal dafür, dass sie herausfinden muss, ob ihr an der Ehe noch etwas liegt oder ob nicht.
Tja, manchmal lese ich auch langweilige Bücher zu Ende. Es ist an anderen, die Poesie oder die untergründige Spannung zu finden, die zu diesem Buch versprochen wird. Der Roman plätschert vor sich hin. Damit fängt er auf alle Fälle eine Realität ein, die ich für plausibel halte und vielleicht könnte man sagen, der Stil passt rundum zur Geschichte. Zwei Menschen wissen nicht so recht, was sie voneinander haben, wie es in ihrem Leben weitergehen soll und wie der jeweils andere reinpasst. Wenn beide Menschen dann noch herzlich wenig entschlussfreudig sind, dauert es ziemlich lange, bis sie zu so etwas wie einer Entscheidung kommen. Und doch bleibt am Ende hauptsächlich ein Gefühl von Langeweile zurück.
Ist es Liebe oder Gewohnheit?
Für Noyuri ist ein großes Fragezeichen sicher nicht nur, was sie mit der Information zu Satomi macht. Für sie gibt es noch etwas anderes zu überdenken: Was will sie eigentlich mit sich selbst anfangen? Noyuri ist einfach in die Rolle der Hausfrau geschlüpft, weil es die Konventionen so wünschen (und über diese Konventionen lassen sich unter anderem Sayaka Murata und Mieko Kawakami sehr deutlich aus). Inzwischen begreift sie, dass es nicht die beste Wahl war. Sie beginnt zu arbeiten, ist auf Grund der langen Passivität davon allerdings etwas eingeschüchtert.
Sie war sich bewusst, dass sie sich wie ein Kind verhielt, dass sich weigert, in den Hort zu gehen. Einmal im Hort angekommen, würde sie bald aufhören zu weinen, und an die anderen Kinder würde sie sich gewöhnen, das wusste sie. Dennoch wollte Noyuri nicht fort.
Bis zur Enthüllung der Affäre war die Beziehung zu Takuya unaufgeregt und teils ungenügend, nach der Enthüllung schwingt Noyuris Empfindung um auf ruhig, ereignislos und gut. Was jetzt? Es wird eine Weile dauern, bis sie sich zurechtfindet (und das Ende wird trotzdem offen lassen, wie die beiden weiter miteinander verfahren. Denn auch Takuya unterscheidet sich bei entscheidenden Eigenschaften nicht sehr von seiner Frau und schwankt zwischen Trennung und Zusammenbleiben). Es wird viele Gespräche geben, die nirgends hin führen. Es gibt einige Reisen mit dem Onkel oder einer Freundin, um langsam aber sicher in Richtung Entscheidung zu kommen. Während der Onkel Affären nicht abgeneigt ist und die Tante ihn tatkräftig vor die Tür setzt oder die Freundin längst geschieden ist, ist Noyuri nicht mit so viel Energie gesegnet. Ihre größte Aufgabe ist es, auf eigenen Beinen zu stehen und ihren Platz in der Welt neu zu definieren. Ob das offene Ende dann tatsächlich das „Zerbrechen einer Liebe“ dokumentiert? Ich wäre mir nach diesem umfangreichen Balanceakt nicht so sicher.
Bibliografische Angaben
Verlag: Hanser Verlag
ISBN: 978-3-446-24128-2
Originaltitel: Kazahana, 風花
Erstveröffentlichung: 2008
Deutsche Erstveröffentlichung: 2013
Übersetzung: Kimiko Nakayama-Ziegler, Ursula Gräfe
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