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Seishi Yokomizo – Mord auf der Insel Gokumon

Seishi Yokomizo – Mord auf der Insel Gokumon

Neun Jahre sind seit den Honjin-Morden vergangen und Kosuke Kindaichi hat inzwischen nicht nur seinen Ruf als Privatermittler gefestigt. In der jüngsten Vergangenheit war er als Soldat im Krieg eingesetzt und nun reist er als Heimkehrer zunächst auf eine kleine Insel der Seto-Inlandsee, um seinem Kameraden Chimata einen letzten Gefallen zu erweisen. Chimata Kito, Sohn der einflussreichsten Familie der Insel Gokumon, bat Kindaichi kurz vor seinem Tod, sich um seine drei Schwestern zu kümmern — und ihren Tod zu verhindern.

Kindaichi trifft auf der Insel auf eine seltsam aufeinander abgestimmte Einwohnerschar. Zwei Familienzweige im Fischereibetrieb, aber mit unterschiedlichem Erfolg und nicht allzu gut aufeinander zu sprechen. Sture Familienoberhäupter, trickreiche Angehörige, verzogene Töchter und einen Vater, der nach dem Tod seiner Frau seelisch kaputt ging und nun in einer Art Käfigzimmer lebt. Wer könnte da nach dem Leben der drei Kito-Töchter trachten und wie soll Kindaichi den Tod verhindern können?

Katz-und-Maus-Spiel

Auf der kleinen Insel kann man sich kaum aus dem Weg gehen. Irgendwie trifft jeder Weg in den kleinen Hügeln früher oder später auf den anderen und mit Ausnahme des Tempels stehen die Häuser zum Schutz vor Piratenangriffen eng beieinander. Die Einwohnerinnen und Einwohner kennen einander gut. Und doch gelingt es jemandem, die erste Tochter anzugreifen.

Seishi Yokomizo folgt mit seinem zweiten Fall für Kosuke Kindaichi erneut den Strukturen der britischen Krimiklassiker und setzt sie in einem japanischen Setting ein — wo sie ebenso gut funktionieren. Ursula Gräfe, die Yokomizo für Blumenbar übersetzt, erkennt in der Erzählung die japanische Variante universeller Probleme: ein erbarmungsloser Ehrbegriff und bedingungsloser Gehorsam.

Der „Mord auf der Insel Gokumon“ erhält eine überraschende Aufklärung und Kindaichi stellt fest, dass jemand Katz und Maus mit ihm gespielt hat. Wie gesagt, auf einer Insel keine leichte Aufgabe. Doch unter der Einberechnung der Tatsache, dass Menschen bevorzugt einfache und bequeme Annahmen treffen, gingen viele Tricks erstaunlich gut vonstatten.

Der finale Spin stellt die althergebrachten Traditionen massiv in Frage, nicht zuletzt vor dem Hintergrund des soeben zu Ende gegangenen Krieges und seiner vielen sinnlosen Opfer. Yokomizo geht damit einen ähnlichen Weg wie jene britischen Krimis, deren Muster er übernommen hatte: Die Deduktion deckt die Täterschaft auf, der Erzählstrang die gesellschaftlichen Probleme.

Bibliografische Angaben

Verlag: Blumenbar
ISBN: 978-3-351-05119-8
Originaltitel: Gokumonto (獄門島)
Erstveröffentlichung: 1946
Deutsche Erstveröffentlichung: 2023
Übersetzung: Ursula Gräfe

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