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Sosuke Natsukawa – Die Katze, die von Büchern träumte

Sosuke Natsukawa – Die Katze, die von Büchern träumte

Sosuke Natsukawa - Die Katze, die von Büchern träumte

Das kleine Antiquariat Natsuki ist der Lebensmittelpunkt des Teenagers Rintaro und seinem Großvater. Hier ist Rintaro aufgewachsen und als der Großvater unerwartet stirbt, erbt der elternlose Rintaro den kleinen Laden. Fortan verkriecht sich der Junge dort, verkauft weiter, und lässt sich auch von der besorgten Klassensprecherin Sayo nicht vom Schulbesuch überzeugen. Eines Tages steht ein Kater mitten im Laden und spricht ihn an. In einem Labyrinth seien Bücher in Gefahr und nur ein echter Buchliebhaber wie Rintaro könne sie retten. Der Junge lässt sich auf das Abenteuer ein und folgt dem Kater in eine magische Welt — wie einst Alice dem Kaninchen ins Wunderland. Nur ist der Eingang in diesem Fall der Buchladen selbst.

Eigentlich ist so ein Abenteuer nicht ganz die Sache von Rintaro. Schon gar nicht, als der Kater nebenbei die Bemerkung fallen lässt, es gebe mehrere solcher Labyrinthe – aus denen man bei Nichtgelingen nicht mehr zurückkehren könne. Doch mit Unterstützung des Katers lernt der Junge, sich in der anderen Welt zu behaupten. Nicht zuletzt bekommt er eines Tages unerwartet Hilfe. Dabei müsste er so langsam aber sicher packen, denn er soll demnächst zur Tante ziehen und der Laden geschlossen werden.

Zuckerguss im Überfluss

Wenn in japanischen Romanen sprechende Katzen auftauchen, ist das nicht zwingend mit Kitsch verbunden. „Wenn alle Katzen von der Welt verschwänden“ entpuppt sich zum Beispiel als kluges Buch über den Tod und in „Satoru und das Geheimnis des Glücks“ kommen noch die richtig guten Freundschaften ins Spiel. Es hätte also auch bei Sosuke Natsukawa gut laufen können.

Dass das nicht klappt, liegt noch nicht einmal am Cover, das schon sehr munter herumkitscht. Es liegt auch nicht daran, dass der Verlag im Titel das verträumte „Träumen“ benutzt, obwohl die Katze im japanischen Original die Bücher „beschützt“ oder „verteidigt“. Es liegt einfach daran, dass die Erzählung die wahre, ehrliche und echte Bücherliebe doch recht stereotyp auf Liebhaber klassischer und gehobener Literatur und auf kleine Buchhandlungen und Verlage herunterbricht. Ein „Nebeneinander“ gibt es in Rintaros Welt nicht.

„Bücher sind Konsumartikel“

Rintaro legt sich mit Menschen an, die Bücher horten, im Akkord lesen und deswegen als Literaturexperten gefeiert werden. Mit Menschen, die Bücher zu leichter lesbaren Zusammenfassungen verkürzen. Mit Verlegern, die so große Büchermengen produzieren, dass jeder einzelne Titel reine Gewinnkalkulation ist und die Titel nach Belieben durchgeschleust werden.

Da entbehert es freilich nicht einer gewissen Ironie, dass das Buch bei C. Bertelsmann erschienen ist, einer von rund 250 Verlagen bei Penguin Random House, die zusamen über 15.000 Bücher pro Jahr publizieren. Und doch passt Natsukawa ganz gut in die Riege „absatzfähiger Bücher“, wie der Verleger das nennen würde. Bücher mit idyllischem Cover, die sich um kleine Buchhandlungen drehen, waren in letzter Zeit vermehrt zu finden.

Als Verleger braucht man sich nicht zu fragen, was man der Gesellschaft mitteilen möchte. Wir müssen lediglich wissen, was die Leser wollen.

Durchschaubare Überspitzung

Für den Einzelgänger Rintaro werden die Abenteuer zu einer Reifeprüfung (natürlich wird er sie bestehen). Für die Lesenden eine nette Unterhaltung. Sofern sie Bücherliebe so anbetend angehen wie dieses Buch. Sonst nervt diese Anbiederung an die hehre Bibliophilie ziemlich schnell. Zwar mögen die Hüter der Labyrinthe das eine oder andere übertreiben, aber wir haben es nicht mit Weltenbedrohern vom Kaliber der grauen Herren in Momo zu tun. Sondern Menschen, die Bücher anders wahrnehmen. In ihrer Übertreibung sind sie vielleicht keine wirklichen Vorbilder. Aber eben auch keine Bösewichter.

Ihre Reaktionen auf Rintaro sind denn auch irgendwie erwartbar. Und Rintaro ist es eben auch. Er kennt Nietzsche, Proust undsoweiter längst aus dem Effeff (und versteht sie freilich auch allesamt – jungejunge, das ist ein Teenager!) und haut sie den „Gegnern“ gelgentlich in seiner Argumentation um die Ohren. „Die Katze, die von Büchern träumte“ ist allerhöchstens kitschige Wohlfühllektüre für den Ohrensessel neben dem Bücherregal. Und nur dort 😉

Bibliografische Angaben

Verlag: C. Bertelsmann
ISBN: 978-3-570-10436-1
Originaltitel: Hon o mamoroutosuru neko no hanashi (本を守ろうとする猫の話)
Erstveröffentlichung: 2017
Deutsche Erstveröffentlichung: 2022
Übersetzung: Sabine Mangold

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