Alles fängt mit einem Schmuckschuber namens „Soulmates“ an: Die Süddeutsche Zeitung bietet zehn ausgewählte Hardcover an, mit denen sie die „Vielseitigkeit der Männerwelt“ darstellen will: Androide, Milliardäre, Boxer, Senatorensöhne, Bergmänner, Armenärzte, Polarforscher … Das an sich ist soweit OK. Man kann darüber hinwegsehen, dass sich vereinzelte Titel des Schubers irgendwie in jeder Sammelausgabe zu finden scheinen, die sich schon auf dem Markt getummelt hat und die gepriesene Vielseitigkeit Lücken hat.
Der Plottwist allerdings: Zur Vielseitigkeit der literarischen Frauenwelt fiel den Machern des Schubers nichts ein. Nicole Seifert machte in ihrem Blog Nacht und Tag darauf aufmerksam. Auf ihre Nachfrage hin bestätigte die Zeitung, für ein Pendant mit Autorinnen gebe es keine Pläne. Und das ist dann schon nicht mehr ganz so OK. Es gibt keine Romane der Weltliteratur von Autorinnen, die „große Fragen“ behandeln und Vielfalt auf den Tisch bringen? Alleine schon aus Marketinggründen wäre es eine super Idee gewesen, zwei Schuber parallel zu entwickeln. Dass die Macher weder aus Marketingaspekten heraus noch aus literarischen Beweggründen auf die Idee kamen, wirft Fragen auf.
… Was natürlich nicht daran liegt, dass es keine entsprechende Literatur von Autorinnen gäbe. Man muss nur besser hingucken, eben weil Autorinnen schlechter rezipiert, kanonisiert und archiviert wurden.
Nicole Seifert
Es gibt mehr zu entdecken, als ihr glaubt …
Nicole Seifert entwickelte den Hashtag Autorinnenschuber und seit ihrem fundierten Rant rollt die Aktion immer noch ungebremst durch die Bücherregale. Allein auf Instagram gibt es mehr als 660 Einträge dazu, das Thema wurde bereits in Schulen aufgegriffen und auch die Zeitungen waren fix: Artikel zur Aktion gibt es zum Beispiel bei ze.tt, Der Standard oder Emotion. Die Süddeutsche hat zwar immer noch keinen eigenen Autorinnenschuber angekündigt. Aber auf Grund des überwältigenden Echos im Internet, sagen aufmerksame LeserInnen, haben sie den Text zum Schuber schleunigst überarbeitet. Ein bisschen peinlich ist es offenbar doch, als Teil der latenten Abwertung von Autorinnen erwischt zu werden.
Es lohnt sich sehr, die Aktion auf den Social Media-Kanälen per Hashtag zu verfolgen. Die Vielfalt ist in jeder Hinsicht atemberaubend! Längst gibt es Schuber aus allen Genres, Regionen und Epochen: Jugendschuber, Sachbuchschuber, Krimischuber, Romanschuber … Die Aktion läuft immer noch und ihr seid herzlich eingeladen, unter dem Schlagwort Autorinnenschuber eigene Auswahltitel zusammenzustellen.
Wie sieht es bei mir im Regal aus? Der Bleisatz-Schuber kombiniert Spannungstitel mit Romanen, Sachbüchern und Memoirs und sieht so aus:
All diese Bücher beeindrucken mich durch ihre Charaktere, die besprochenen Themen, ihre Sprache, die Beobachtung der Gesellschaft. Wer dazu im Detail mehr lesen möchte, findet die Besprechungen hier:
- Zoë Beck – Die Lieferantin
- Amélie Nothomb – Eine heitere Wehmut
- Sara Paretsky – Kritische Masse
- Sayaka Murata – Die Ladenhüterin
- Yael Inokai – Mahlstrom
- Julia von Lucadou – Die Hochhausspringerin
- Michiko Kakutani – Der Tod der Wahrheit
- Berit Glanz – Pixeltänzer
- Gila Lustiger – Die Schuld der Anderen
- Sibylle Berg – GRM. Brainfuck
Wie sähe euer Schuber aus? Kommentiert einfach mit Vorschlägen, ich freue mich!
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Foto: Bettina Schnerr