Jahresrückblick 2018

von Bettina Schnerr
6 Minuten Lesezeit
Die 10. BuchSaiten Blogparade: Jahresrückblick 2018. Foto: Petra Lux

Die 10. BuchSaiten Blogparade

Ein ganzes, sattes Lesejahr liegt hinter mir und ich konnte erstaunlich viel lesen. Manchmal gibt es einfach Zeiten, in denen andere Dinge sehr viel Zeit einfordern (2017 war so eines), aber 2018 war hinsichtlich seiner Lektüremöglichkeiten ein ganz anderes Kaliber. Umso lieber blicke ich auf dieses Jahr zurück.

Diese Blogparade mit dem zugehörigen Hashtag #BSBP18 wird, wie schon in den letzten Jahren, von Die Liebe zu den Büchern behütet.

Welches war das Buch in diesem Jahr, von dem ich mir wenig versprochen habe, das mich dann aber positiv überrascht hat?

Für mein Japan-Special las ich Hiro Arikawas Buch „Satoru und das Geheimnis des Glücks“ mit dem Untertitel „Reisebericht einer Katze“. Das Buch hatte ich mir gebraucht besorgt und erwartete gerade wegen des Untertitels eine reichlich süßliche Story. Aber da hatte ich mich verrechnet. Tatsächlich nimmt eine Katze aktiv an der Geschichte und ihrer Erzählung teil, aber Arikawa schreibt so wunderbar über die Freunde der Hauptperson Satoru und was die Freundschaften jeweils bedeuten, dass ich am Ende völlig hingerissen war. Letztlich geht es um den bevorstehenden Tod Satorus, dessen Vorgeschichte aber mit großer Leichtigkeit und Poesie erzählt wird.

Ein anderer Titel stammt ebenfalls aus Japan: Yuya Sato mit Dendera. Was ich hier bekam, war ein ziemlich gut gemachter Roman über eine Gesellschaft, in der die alten Menschen zum Sterben auf einen Berg gebracht werden, damit sie der Gesellschaft nicht mehr zur Last fallen. Eine Frau bricht aus, überlebt den Winter und rettet fortan so viele alte Frauen, wie sie kann und gründet eine Siedlung als Altersruhesitz und zur Vorbereitung ihrer Rache. Alle Hauptpersonen über 70, alle Hauptpersonen Frauen — eine großartige Geschichte über das Leben, Wertschätzung, Respekt, Dankbarkeit … dem Buch wünsche ich dringend eine deutsche Übersetzung!

Welches war das Buch in diesem Jahr, von dem ich mir viel versprochen habe, das mich dann aber negativ überrascht hat?

Da musste ich gar nicht so lange überlegen: Mariana Leky und ihr „Was man von hier aus sehen kann„. Hier hing die Latte echt hoch: Bestseller sowieso, Aktionsbuch für „Frauenfeld liest“ und noch dazu in Ausschnitten gehört während einer humorigen Lesung bei „Literatur in den Häusern“, einer grenzüberschreitenden Veranstaltung in Konstanz und Kreuzlingen. Kurz darauf erlebte ich die Autorin bei einem Gespräch über dieses Buch und fand das Gespräch viel zu kurz und Mariana Leky wunderbar charmant und humorvoll! Alles, was über das Buch erzählt wird, passt auf Mariana Leky! …

… nur nicht auf das Buch: Versponnen, für mich im negativen Sinn, abwegig und repetitiv. Absolut nicht meine Kragenweite – bis heute nicht. Ich weiß nur noch nicht, wie ich das wieder gut mache. Nochmal lesen? Einen anderen Titel von ihr lesen? Mal sehen.

Welches war eure persönliche Autoren-Neuentdeckung in diesem Jahr und warum?

Wieder nach Japan: Sayaka Murata hat mich mit ihrer „Ladenhüterin“ beeindruckt, weil sie sehr präzise aufschreibt, woran es in der Gesellschaft hapert, bei der Anerkennung von Frauen und ihren Leistungen, beim Umgang mit Menschen, die nicht perfekt zu den hohen japanischen Anforderungen passen, die unterschiedlichen Maßstäbe, mit denen Respekt überhaupt verteilt wird. Aus der Schweiz ist es Yael Inokai mit „Mahlstrom„, in dem sie beängstigend gut beschreibt, wie ignorant Menschen auf latente Gewalt reagieren und sich geduldete Boshaftigkeiten so lange einschleifen können, bis sie überkochen – und selbst dann wird ignoriert.

Welches war euer Lieblings-Cover in diesem Jahr und warum?

Warum? Wie immer eine ganze Galerie von mir mit ganz unterschiedlichen Ansätzen. Die Bilder von Christoph Niemann gefallen mir nahezu alle, sodass ich das Cover von Wells mag (auch, wenn ich mit dem Buch nur mittelprächtig viel anfangen konnte). Bei Harari, der schließlich sein Cover selber gezeichnet hat, mag ich den schlichten Stil, der perfekt das Haus übernimmt, um das es im Buch geht: Die Therme in Vals. Bei der Textsammlung „Japan“ von Granta muss man ein bisschen genauer schauen: Der Berggipfel besteht nämlich aus geknüllter und gut geformter Alufolie. Bei von Lucadou und Sato sind es die grafischen Umsetzungen, die Details aus dem Inhalt zitieren. Beim Murata-Cover  ist es zum Einen der knallige Stil, zum Anderen die subtile Mahnung an die Zweischneidigkeit mit den Fugu-Fischen.

Welches Buch wollt ihr unbedingt 2019 lesen und warum?

Zu meinen Plänen zählt auf alle Fälle Sara Paretsky mit „Kritische Masse“, die ich dieses Jahr nicht einmal mehr anfangen kann. Außerdem auf dem Nachttisch ganz vorne liegt „Happy End“ von Amélie Nothomb, des weiteren will ich endlich eine Lücke bei Dominique Manotti schließen und „Letzte Schicht“ lesen. Bei den Sachbüchern denke ich an „Aristoteles in Oxford: Wie das finstere Mittelalter die moderne Wissenschaft begründete“ von John Freely.


Titelbild: Petra Lux

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6 Kommentare

Petzi 6. Januar 2019 - 17:50

Liebe Bettina,

vielen lieben Dank für deinen Beitrag und deine Teilnahme. Die Ladenhüterin hat mich auch sehr beeindruckt. Und überhaupt hab ich mir gleich noch ein paar Bücher notiert. Und Leky hab ich immer noch nicht gelesen, sondern erst einmal weggelegt…

Liebe Grüße
Petzi

Antworten
Bettina Schnerr 7. Januar 2019 - 15:29

Liebe Petzi,

vielen Dank für deine Rückmeldung und auch an dieser Stelle Danke an dich dafür, dass du die Blogparade hütest.

Ja, die Ladenhüterin, die braucht noch mehr LeserInnen 😉 Ich habe inzwischen den Eindruck, dass es ein Entweder-Oder-Buch ist: Entweder es beeindruckt oder es kommt schräg an. Irgendetwas à la „jo, war ganz nett“ scheint es nicht zu geben.
Welche Titel hast du übrigens notiert, wenn ich so neugierig sein darf?

Liebe Grüße,
Bettina

Antworten
Marius 2. Januar 2019 - 9:31

Eine tolle Rückschau, bei der ich vor allem mit deiner Einschätzung von „Was man von hier aus sehen kann“ d’accord gehe. Bei all dem Hype und den unisono begeisterten Stimmen hatte ich mir auch mehr versprochen. Doch am Ende stand ich etwas ratlos vor dem Titel.
Nun gut, schauen wir mal, was 2018 so bringt!

Antworten
Bettina Schnerr 2. Januar 2019 - 18:58

Vielen Dank für diese Rückmeldung!
… und schön zu wissen, wenn man mit einer zurückhaltenden Meinung zu einem Hype-Buch nicht ganz alleine ist 😉

Auf das Lesejahr 2019 freue ich mich auch sehr. Vor meiner Nase (im wahrsten Sinn des Wortes, nämlich direkt hier auf meinem Schreibtisch) habe ich mir zum Beispiel eine Reihe von Titeln aufgestapelt, die schon zu lange im Regal liegen. Da gibt’s mich Sicherheit schöne Perlen.

Antworten
Marius 7. Januar 2019 - 15:48

Na dann lesen wir 2019 schon mal fleißig an! Bei mir für den Blog hab ich auch schon wieder ein oder zwei Perlen entdeckt, die die nächsten Wochen vorgestellt werden 😉

Antworten
Bettina Schnerr 7. Januar 2019 - 16:32

So soll es sein!

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