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Jahresrückblick 2014: Buchsaiten Blogparade No. 6

Jahresrückblick 2014: Buchsaiten Blogparade No. 6

Ein Jahresrückblick, ein Jahresrückblick! Lasst uns mit dieser Aktion von Buchsaiten das Lesejahr 2014 verabschieden und das Lesejahr 2015 begrüßen.

Welches war das Buch in diesem Jahr, von dem ich mir wenig versprochen habe, das mich dann aber positiv überrascht hat?

Mir sind zwei Werke aufgefallen, die ich in diese Sparte einordnen möchte. Beginnen wir mit Nightshade von Jonelle Patrick, das nur als Ebook erhältlich ist. Ich war mir zuvor nicht sicher, was mich genau erwartet oder ob ich mich von Schlagworten wie Japan und Tokyo einfach hatte mitreißen lassen. Aber das Buch entpuppte sich als gut geschriebener Krimi, der sehr unterhaltsam den Spagat zwischen Tradition und Moderne abbildete. Außerdem hatte die Autorin intern verlinkte Fotos im Anhang dabei, um Schauplätze oder Traditionen bildlich näher zu bringen. Damit hatte sie die Möglichkeiten des Ebooks schon besser ausgeschöpft als weit über 90 Prozent aller anderen Ebook-Autoren — lohnend noch dazu bei einem Schauplatz, der ohnehin zu Fotos einlädt.

Passend zum kurzen Buch ganz kurz erwähnt sei die Krimiserie aus Cherringham, die mit Murder on Thames startet. Die 12 Krimis haben alle um die 110 Seiten und unterhalten spannend und knackig, perfekt für zwischendurch. Ob das so bei dieser Kürze zu erwarten war? Mich jedenfalls hat die Serie positiv überrascht.

Welches war das Buch in diesem Jahr, von dem ich mir viel versprochen habe, das mich dann aber negativ überrascht hat?

Der Spitzenreiter in dieser Kategorie ist mit Abstand Der Kameramörder. Ein Buch, das voyeuristische Praxis verurteilt und gleichzeitig selber diesen Pfaden folgt. Ich hatte mehr überblättert als gelesen, weil ich mich definitiv nicht gemeinsam mit den Protagonisten am unsäglichen Leid dreier Kinder ergötzen wollte. Da hatte ich mich vom Etikett des Glauser-Krimipreises täuschen lassen.

Beim Longlistlesen zum Deutschen Buchpreis war mir Kleine Kassa aufgefallen, das mich während der Lektüre aber ratlos zurückgelassen hat. Fraglos schön geschrieben, aber inhaltlich nichts erzählt — diese Kombination schätze ich einfach nicht. Mir fiel beim Lesen immer wieder ein Kafka-Roman ein, bei dem ich ebenso betrübt nach einer Geschichte oder einer Entwicklung suchte, die nie kam.

Welches war eure persönliche Autoren-Neuentdeckung in diesem Jahr und warum?

Da fragt ihr ja genau das Richtige, denn es gibt einen Autoren, den ich seit diesem Jahr jedem unter die Nase reibe: Keigo Higashino, von dem ich in diesem Jahr gleich zwei Bücher verschlungen habe, mit Malice und The devotion of suspect X. Bei diesen Krimis weiß man von Beginn an, wer der Täter ist. Doch Higashino versteht es, die Suche nach einem Motiv bzw. die schier unmögliche Überführung der Täter so spannend zu schildern, dass die Bücher beide absolute Highlights waren.

Der zweite Autor ist Jonathan Gash, der Ende der 1970er eine Krimiserie um den Antiquitätenhändler Lovejoy geschrieben hatte. Durch Zufall entdeckte ich, dass die Bücher als Ebooks neu aufgelegt worden waren und war eigentlich nur neugierig geworden, weil einzelne Teile vergünstigt im Angebot waren. Für mich hatte sich der Versuchsballon mit The Judas Pair und Gold from Gemini gelohnt.

Welches war euer Lieblings-Cover in diesem Jahr und warum?

Wie üblich gibt es kein einzelnes Cover, das in irgendeiner Form heraussticht. Bei der Durchsicht meiner Lektüren fand ich gleich eine kleine Galerie, die ich aus ganz unterschiedlichen Gründen gewählt habe:

  1. eine hinterlistig gut gemachte Kombination aus lieblichen Kirschblüten und Bluttropfen in einer insgesamt ganz dezenten Gestaltung.
  2. eine super schlichte Designidee, die sich konsequent durch das gesamte Verlagsprogramm zieht und einen hohen Wiedererkennungswert hat
  3. einfach eine witzige Grafik
  4. ein Cover, das, mit Ausnahme der charakteristischen Silhouette von Sherlock Holmes, aus reinem Text besteht und zugleich das Thema des weißen Bandes aufgreift
  5. ein handgezeichnetes Cover, gestaltet vom Autoren selbst
  6. das Cover eines Buches, das ich noch nicht einmal gelesen habe, aber ausschließlich wegen des Covers aus dem Ausverkauf einer Bibliothek gerettet habe (ohne Plan, ob ich es jemals lesen werde); wie oft sieht man schon eine amüsante Karikatur des Autoren auf dem Titelbild?

Welches Buch wollt ihr unbedingt in 2015 lesen und warum?

Für 2015 habe ich die eine oder andere Idee und hoffe, dass ich wenigstens einen Teil davon umsetzen kann. Wie immer lauern bis dato unbekannte Werke am Wegesrand und überfallen den Leser hinterrücks auf dem Weg zu seinen unbedeutenden Zielen.

Barry Lancet - Japantown

Ganz, ganz weit oben steht jedenfalls Japantown von Barry Lancet, weil das Buch für mich eine eigene, kleine Geschichte hat. Empfohlen hat es mir eine wunderbare Bibliothekarin, die mit ihren bis dahin gegebenen Tipps schon immer richtig gelegen hatte. Weil der Protagonist ein Antiquar ist, kamen wir natürlich auch auf Jonathan Gash und seinen Lovejoy zu sprechen (den kannte sie selbstverständlich und noch dazu die Fernsehserie – weil Gash zu dem Zeitpunkt bereits eine meiner Neuentdeckungen des Jahres war, hatte sie damit sofort einen noch dickeren Stein im Brett). Japantown hat, wie der Name sagt, mit Japan und Tokyo zu tun und auf diese Stichworte reagiere ich derzeit ohnehin ohne Vorbehalt.

Wenig später nach diesem Gespräch ging es an die Weihnachtsgeschenke. Die komplette Familie trat in einer der größten Buchhandlungen Tokyos an, dem Kinokuniya in Shinjuku, um mir ein Weihnachtsgeschenk auszusuchen. Dort stand zu meiner Verblüffung just dieses Lancet-Buch im Regal mit den deutschsprachigen Büchern. Gesehen, gekauft. Ein ganz schöner Ziegelstein mit fast 600 Seiten. Kaum lag es in der Tasche, stand diese Bibliothekarin im Kinokuniya neben mir und fragte nach meinen Einkäufen. An einem Feiertag, an dem sämtliche Büros geschlossen hatten, in einer Stadt mit 9 Millionen Einwohnern, die Geschäfte knallvoll. Und dann dieser Zufall. Kann es mehr Gründe dafür geben, warum ich Japantwon lesen muss?

(P.S. Inzwischen habe ich das Buch gelesen: → zur Rezension von Japantown)


Titelgrafik: Buchsaiten

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