7 japanische Lesetipps ohne Haruki Murakami

von Bettina Schnerr
3 Minuten Lesezeit
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Vor einigen Jahren hatte ich den Einstieg in die japanische Literatur einmal mit Augenzwinkern so beschrieben: Entweder bekomme man auf seiner Suche eine Liste mit Büchern von Haruki Murakami oder man bekomme eine Liste à la „empfehlenswerte Autoren, die nicht Haruki Murakami sind“. Heute, sechs Jahre später, hat sich an diesem Eindruck nicht viel geändert.

Nach einer für mich sehr mauen Erfahrung mit „Naokos Lächeln“ habe ich um Murakami immer einen weiten Bogen geschlagen. Inzwischen habe ich dank Kat Menschik zumindest zwei weitere Bücher von Haruki Murakami gelesen, „Birthday Girl“ und „Honigkuchen„. Damit ist die Quote von Murakami-Büchern, die ich nicht so prickelnd finde, von 100 auf 66 Prozent gesunken (weitere Lektüren in Planung, ich halte euch auf dem Laufenden). Ich tummle mich im Wesentlichen nach wie vor in Listen des zweiten von mir erwähnten Typs. Eine perfekte Ausgangslage, um selbst Vorschläge dieser Art zusammenzustellen – ein Auswahl von sieben Titeln aus verschiedenen Genres stelle ich euch in diesem Beitrag vor.

Shugoro Yamamoto - Die Rache

Shugoro Yamamoto – Die Rache
Der Vater des jungen Iwata fordert einen berühmten Schwertkämpfer heraus und kommt dabei ums Leben. Iwata wird daraufhin zum Bettler, doch ein kleiner Zufall macht ihn zum Rächer des Vaters — und von heute auf morgen zum geachteten Mann. Yamamoto nimmt den verklärten und längst sinnfrei gewordenen Krieger-Mythos des 17. Jahrhunderts in einer ebenso schlichten wie humorvollen historischen Fabel aufs Korn. Eine dünne Buchperle in Halbleinenausstattung mit Ilustrationen von Hideki Nagai.

Keigo Higashino - Ich habe ihn getötet

Keigo Higashino – Ich habe ihn getötet
In den Krimis, die von Higashino ins Deutsche übertragen wurden, spielt der Autor mit Konventionen und verrät zum Beispiel bereits nach wenigen Seiten den Täter. Hier serviert er gleich drei Personen, die sich selbst als Täter anzeigen, und bleibt bis zum Ende eine Antwort schuldig. Die muss man selbst herausfinden — so einen grandiosen Schachzug habe ich noch nirgends sonst gehabt. Wer die raffiniert verschachtelte Erzähltechnik von Keigo Higashino ohne Kriminalfall erleben möchte, sollte „Kleine Wunder um Mitternacht“ lesen.

Kanae Minato - Schuldig

Kanae Minato – Schuldig
Ein Studenten stirbt während eines Wochenendes in den Bergen und wenige Jahre darauf bezichtigt ein Unbekannter die mitgereisten Kommilitonen als Mörder. Auf der Suche nach dem Urheber stellen sich elementare Fragen neu, was Freundschaft ausmacht oder wie gut wir Freunde kennen. Minato zeigt mit Empathie, dass die Grenzen zwischen Einordnungen wie Pech, Unglück, Mitverantwortung oder Schuld fließend verlaufen. Sie sind weniger gesellschaftlicher Maßstab als oft genug persönliche Wahrnehmung.

Atsuhiro Yoshida - Gute Nacht, Tokio

Atsuhiro Yoshida – Gute Nacht Tokio
Ein Buch wie ein Episodenfilm, der in das Leben im nächtlichen Tokyo entführt. Weniger mit hippen Nachtleben, als mit Poesie und einem Gespür dafür, wie uns das Leben miteinander verknüpft. Wenn man sich darauf einlässt. Mit Matsui, dem Taxifahrer, der Requisiteurin Mitsuki, den Barkeeperinnen vom „Drehkreuz“ oder der Telefonseelsorge. Die Figuren suchen allesamt etwas. Menschen, Biwa-Früchte, Gewissheiten oder gutes Essen – und wir finden, wenn wir uns auf Zufälle und die Spuren zueinander einlassen.

Sayaka Murata - Die Ladenhüterin

Sayaka Murata – Die Ladenhüterin
Außenseiterin, Frau, unverheiratet und Aushilfe in einem Konbini: Keiko Furukura vereint einiges, mit dem die japanische Gesellschaft nicht viel anfangen kann. Murata zeigt in ihrem Roman mit spitzer Feder die Lücken und Fehlstellen in einem überkommenen Bewertungssystem, das -in Schubladendenken gefangen- willkürlich Anerkennung und Respekt verweigert. Obgleich typisch japanisch auf jeder Ebene, bleiben die Probleme universell.

Fuminori Nakamura - Der Revolver

Fuminori Nakamura – Der Revolver
Ein Student Nishikawa findet auf der Straße einen Revolver. Ein Zufallsfund, der eine Obsession auslöst, denn vier Kugeln sind noch im Lauf. Nakamura spürt in seinem psychologisch stark geschriebenen Debut der Frage nach, was Waffenbesitz mit einem Menschen machen kann. Von der theoretischen Möglichkeit zum realen Einsatz ist der Weg nicht weit. Der Student weiß das, kann aber die ihm angebotenen Auswege nicht mehr mit klarem Verstand einschlagen. So bleibt der Roman nicht auf den Schauplatz Japan beschränkt.

Yoko Ogawa - Insel der verlorenen Erinnerung

Yoko Ogawa – Insel der verlorenen Erinnerung
Ogawa zeichnet das Bild eines totalitären Regimes, das seinem Volk immer mehr enzieht. Verzichtbar erscheinende Dinge bereiten den Boden, dass die Leute immer mehr hinnehmen und Menschen mit Erinnerung an früher verfolgt werden. Die Gewöhnung geht so weit, dass sich die Menschen ihre Verluste schön reden. Selbst, als Bücher verbrannt werden, das Leben durch Lebensmittelknappheit und Klimaveränderungen beeinträchtigt wird und Verbindungen zu anderen Landesteilen gekappt werden. Der Roman warnt zeitlos und eindringlich davor, dass irgendwann der Punkt kommt, an dem Gegenwehr zu spät ist.

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Titelbild: KI + Bettina (Bild eines Buchladens, wie er im Tokyoter Bücherviertel Jimbocho liegen könnte)

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